Unternehmen

110 Jah­re Reem­ts­ma – Zeit­rei­se durch eine beweg­te Firmengeschichte

In seiner 110 Jahre währenden Geschichte hat die Firma Reemtsma Höhen und Tiefen durchlebt. Unseren Prinzipien sind wir dabei immer treu geblieben. Folgen Sie uns auf eine historische Reise.

1910 – 1919: Die Anfänge

Mit der Gründung der kleinen Zigarettenmanufaktur „Dixi“ legte Bernhard Reemtsma 1910 den Grundstein für eine über 100-jährige, erfolgreiche Firmengeschichte. Der gelernte Kaufmann wollte sich nach der Pacht einiger Militärkantinen und dem Handel von ostasiatischen Waren nun komplett der Zigarettenproduktion verschreiben. Eine gute Wahl, wie sich bald herausstellen sollte.

Ungeachtet der Tabakknappheit und der staatlichen Kontingentierung im Ersten Weltkrieg konnte er gemeinsam mit seinen Söhnen Hermann und Philipp Fürchtegott die Produktion schnell steigern. Während man 1916 noch 575.000 Zigaretten im Monat hergestellt hatte, waren es 1917 schon zwei und 1918 sogar vier Millionen Stück. Dem Tüftler und Techniker Hermann gelang es 1918, die Zigarettenmaschine Excelsior 518 in den Produktionsprozess zu integrieren. Damit hatte das Drehen in Handarbeit ein Ende. Der erste wegweisende Schritt in Richtung Automatisierung war getan, der Reemtsma in den nächsten Dekaden der Firmengeschichte begleiten sollte.

Ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte folgte 1919: Der Betrieb, an dem inzwischen alle drei Söhne beteiligt waren, hieß fortan nur noch B. Reemtsma & Söhne. Außerdem zierte nun alle Verpackungen ein einheitliches Logo: der stilisierte Bugsteven, ein Symbol aus der Schifffahrt, vor roter Sonne. Ein großer Fortschritt in der Markenführung, die Reemtsma später so berühmt machen sollte.

1920 – 1929: Reemtsma zieht nach Hamburg und bestimmt den Markt

Bereits 1920 konnten die geschäftstüchtigen Brüder den Orienttabakexperten David Schnur für den Einkauf gewinnen. Und ein weiterer berühmter Name fällt in dieses Jahr: Hans Domizlaff, der große Markenpionier seiner Zeit.

Er war es, der mit Gelbe Sorte, Senoussi, R6 und Ernte 23 die ersten „echten“ Reemtsma-Marken entwarf und die Markenführung revolutionierte. Ein Meilenstein in der Firmengeschichte. Nur ein Jahr später wurde aus B. Reemtsma & Söhne die mit zehn Millionen Mark Stammkapital ausgestattete Reemtsma AG.

1923 wurde Altona, das später zu Hamburg gehörte, die neue Heimat des aufstrebenden Unternehmens. Hermann und Philipp Fürchtegott verlegten den Firmensitz nach Altona-Bahrenfeld, um näher an den zollfreien Tabakspeichern im Freihafen zu sein. Trotz hoher Inflation konnte man bisherigen Branchengrößen schnell den Rang ablaufen. Verschiedene Zweigwerke und die Übernahme einiger Konkurrenten trugen dazu bei.

Im Juni 1929 erfolgte dann die Umwandlung der AG in eine GmbH mit beachtlichen 30 Millionen Mark Grundkapital. Damit hatte Reemtsma sein Stammkapital in nur acht Jahren verdreifacht und sich zu einem marktbestimmenden Unternehmen entwickelt.

1930 – 1939: Ein rauer Wind

Anfang der 30er-Jahre blies den erfolgreichen Brüdern ein rauerer Wind ins Gesicht. Es folgten schwere Zeiten in der Firmengeschichte. Neider warfen der Firma bei ihren Unternehmensübernahmen Bestechung vor. Die Lage spitzte sich zu, als die Cigarettenfabrik Sturm, Sponsor und Hausmarke der SA, eine Hetzkampagne gegen das „unter jüdischem Einfluss stehende“ Großunternehmen Reemtsma startete.

Als schließlich das preußische Justizministerium Vorwürfe wegen Bestechung und Steuerhinterziehung wiederaufgriff, mussten die zwar keineswegs nationalsozialistisch gesinnten, jedoch sehr pragmatischen Unternehmerbrüder umgehend einen Ausweg finden.

Zugeständnisse gegenüber den neuen Machthabern schienen ihnen die einzige Möglichkeit zu sein, das Unternehmen zu erhalten und die Arbeitsplätze zu sichern. Unter anderem zwang man die Mitarbeiter in die Deutsche Arbeiterfront, förderte NS-Organisationen und zahlte letztendlich sogar David Schnur aus. Der jüdische Teilhaber musste emigrieren.

Hermann F. Reemtsma 3.vL. Mit Arbeitsjubilaren im Werk Baden-Baden 1935
Hermann F. Reemtsma 3.vL. Mit Arbeitsjubilaren im Werk Baden-Baden 1935

1940 – 1949: Kalter Krieg und die Anfänge der Erfolgsmarken

In den Zeiten des Krieges entwickelte sich die Zigarette zum „Seelentröster“ und „Gold des Krieges“. So verdoppelte sich von 1930 bis 1940 der Pro-Kopf-Konsum von 500 auf 1.000 Zigaretten.

Doch die Kontingentierung und Engpässe bei der Lieferung des Tabaks machten eine Befriedigung der steigenden Nachfrage nahezu unmöglich. Zudem sank auch die Qualität des Tabaks. Reemtsma entschied daher, für eine kurze Phase die Produktion der Erfolgsmarken Ernte 23, Ova, R6 und Senoussi einzustellen, um den Markenwert zu schützen.

Zwischen 1943 und der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 verschlechterte sich die Lage des Unternehmens dramatisch. Es waren schwere Zeiten in der Firmengeschichte. Die Zigarettenfabriken wurden zu Rüstungsbetrieben umfunktioniert und Fabrikationsstätten, Verwaltungsgebäude und Tabakspeicher wurden durch die Bomben der Alliierten schwer beschädigt. Um die 90 Prozent aller Gebäude waren bei Kriegsende zerstört oder gingen durch Enteignung verloren. Monatelang stand die Produktion still.

Erst 1948, mit der erneuten Übernahme der Geschäftsführung, gelang den Brüdern Hermann und Philipp der Neuanfang.

Marshallplan-Tabake Hamburg1948
Marshallplan-Tabak in Hamburg 1948

1950 – 1959: Reemtsma an der Spitze

Die Versorgung der deutschen Raucher durch die Alliierten sollte einschneidende Auswirkungen auf die wieder anlaufende Zigarettenproduktion haben: Die Menschen hatten den amerikanischen Tabak schätzen gelernt. Der zuvor in Deutschland verarbeitete Orienttabak wollte den Konsumenten nicht mehr so recht schmecken.

Daher musste auch Reemtsma sich den veränderten Wünschen anpassen. Mit dem „German Blend“, einer Mischung aus Virginia- und Orienttabak, gelang es, eine ganz eigene Geschmacksrichtung für die Wiedereinführung der Ernte 23 zu kreieren. So dauerte es nicht lange, bis die Hamburger die Marktführerschaft zurückerobern konnten.

Mit einer Milliarde verkaufter Zigaretten im Monat hielt Reemtsma 1952 einen Marktanteil von 35 Prozent. Bis Ende der 50er-Jahre sollte er auf über 44 Prozent anwachsen, auch weil wichtige Trends wie die Filterzigarette früh genug erkannt wurden.

Der Einstieg bei Roth-Händle 1957 sowie der Erwerb der Lizenzrechte an der erfolgreichen Filterzigarette Peter Stuyvesant konsolidierten schließlich den Erfolg der Firma. Für die Produktion der „nach der großen weiten Welt duftenden“ Zigarette wurde 1959 eigens das Berliner Werk gebaut. Die Peter Stuyvesant erreichte noch im selben Jahr Platz vier unter den 235 deutschen Zigarettenmarken. Ein letzter großer Erfolg für Philipp Reemtsma, der 1959 starb.

1960 – 1969: 50 Jahre Reemtsma

Zum 50-jährigen Jubiläum von Reemtsma gab es nur wenig zu feiern. Denn auch Hermann Reemtsma verstarb – nur 18 Monate nach dem Tod seines Bruders. Die Zeit, in der Reemtsma von den Eigentümern geführt wurde, ging damit ihrem Ende entgegen. Der Familienbetrieb der Gründerväter entwickelte sich zunehmend zu einer modernen GmbH mit externen Führungskräften. Ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte.

Doch die Reemtsmas hielten weiterhin einen Anteil von zwei Dritteln am Unternehmen.

Noch während Reemtsma seine Chefetage neu organisierte, gewannen die anderen Tabakproduzenten an Einfluss. Obwohl Reemtsmas Marktanteil zu schrumpfen begann, konnte man die Produktion dank erhöhter Nachfrage weiter steigern. Mit der Reemtsma International GmbH gelang sogar die Expansion ins Ausland.

Außerdem stieg der Zigarettenkonzern in eine weitere Genuss-Sparte ein: das Brauwesen. Mit dem Kauf einer Reihe von Traditionsbrauereien sollte Reemtsma zu einem der größten Getränkehersteller Deutschlands avancieren.

Bundeskanzler Ludwig Erhard im Werk Wandsbek am 3. März 1966
Bundeskanzler Ludwig Erhard im Werk Wandsbek am 3. März 1966

1970 – 1979: Automatisierung der Produktion und ein neues Werk

In den 70er-Jahren rückten gesundheitliche und umweltpolitische Aspekte zunehmend ins allgemeine Bewusstsein. Beidem trug Reemtsma mit dem 1971 errichteten Werk Hannover-Langenhagen Rechnung.

Die Entwicklungs- und Forschungsabteilung Reemtsmas befasste sich mit der gesundheitlichen Herausforderung: Die Zigarette sollte sich dem neuen Zeitgeist anpassen und schadstoffärmer werden. Mit der R6 gelang die erste Antwort auf diese Herausforderung. Sie garantierte guten Geschmack bei niedrigeren Kondensatwerten. Es war gelungen, ihre kräftige Aromamischung auf eine Mischung nikotin- und kondensatärmerer Tabake zu übertragen.

Mit dem Werk in Hannover-Langenhagen machte man außerdem einen weiteren großen Schritt hin zur Rationalisierung und Automatisierung der Produktion. So wurde der Rohtabak nun in containergerechten Kartons verschifft und gelagert und später einem zentral gesteuerten Bearbeitungsprozess unterworfen.

1980 – 1989: Um- und Aufschwung

Die Entscheidung von Jan Philipp Reemtsma, sein Erbe nicht anzutreten, rief 1980 zwei neue Eigner auf den Plan: Günter und Michael Herz. Die beiden Tchibo-Besitzer übernahmen Jan Philipp Reemtsmas Anteile für 370 Millionen Mark. Für das Unternehmen bedeutete dieser Verkauf nach Jahren des ständigen Wechsels in der Geschäftsführung vor allem Stabilität durch Kontinuität und gleichzeitig einen echten Innovationsschub. Das unrentable Biergeschäft wurde abgestoßen, damit man sich wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren konnte. Außerdem investierte man vor allem in die Markenstrategie.

So brachte Aufsichtsratsvorsitzender Günter Herz schon 1981 die Erfolgsmarke West heraus. Diese American-Blend-Marke machte Reemtsma endgültig zum Global Player. Mit der R1 produzierte man gleichzeitig eine nikotinärmere Zigarette, die sofort zum Marktführer in ihrem Segment wurde. Eine jüngere Zielgruppe konnte man 1985 vor allem mit der Prestige-Marke Davidoff gewinnen. Und als hätte man bei Reemtsma die politischen Umwälzungen vorausgeahnt, lautete der Slogan der West ab 1987 „Test the West“. Nach dem Mauerfall fand sie dann auch vor allem im Osten reißenden Absatz.

1990 – 1999: Neue Märkte

Dank einer unverzüglich aufgebauten Vertriebsmannschaft Ost gelang es Reemtsma schnell, die Marktführerschaft in den neuen Bundesländern zu übernehmen. Im September 1990 hatte man die Nordhäuser Tabakfabriken erworben, in denen nach umfangreicher Modernisierung schon bald eine Jahreskapazität von sechs Milliarden Zigaretten erreicht wurde, darunter vor allem die beliebte Cabinet.

Das Ende der Sowjetunion 1991 war für Reemtsma das Startsignal zur Expansion nach Osteuropa. Kein Wunder also, dass die erste West-Zigarette auf dem Roten Platz „West" hieß. Reemtsma beteiligte sich zunehmend an Zigarettenfabriken in Polen, Slowenien, Ungarn, der Slowakei und der Ukraine. Und man errichtete dort neue Werke.

Den asiatischen Markt mit Werken in Kambodscha, Kirgisistan und Taiwan eroberten die Hamburger ab 1999. Nicht zuletzt die Zugehörigkeit zur finanzstarken Tchibo-Holding hatte es Reemtsma in diesem Jahrzehnt ermöglicht, einen derart rasanten Expansionskurs einzuschlagen. Zwischen 1989 und 2001 bescherte dieser Kurs eine Umsatzsteigerung von unglaublichen 370 Prozent. Beim Nettogewinn betrug die Steigerung sogar 490 Prozent.

Beschäftige vor dem Werk der Nortak 1990-1991
Beschäftige vor dem Werk der Nortak 1990-1991

2000 – 2009: Mit Rekordergebnis ins neue Jahrtausend

Trotz Billigzigaretten, die zunehmend auf den Markt drängten, startete Reemtsma mit einem Rekordergebnis ins neue Jahrtausend: Erstmals lag der Nettoumsatz der Hamburger bei über fünf Milliarden Mark. Kein Wunder also, dass das britische Unternehmen Imperial Tobacco Interesse an einer Übernahme zeigte.

Im Mai 2002 erhielt die Imperial Tobacco Group (heute Imperial Brands PLC) schließlich den Zuschlag. Sie zahlte sechs Milliarden Euro für 90,01 Prozent des Unternehmens. Wie lohnend diese Übernahme war, sollte sich noch im Geschäftsjahr 2002 zeigen: Der Umsatz der Gruppe kletterte um 40 Prozent auf 13,1 Milliarden Euro. Diese Entwicklung veranlasste Vorstandschef Gareth Davis, vom bislang „wichtigsten Jahr“ der Unternehmensgeschichte zu sprechen. Inzwischen ist Reemtsma eine hundertprozentige Tochter des britischen Unternehmens.

Heute: Reemtsma ist die zweitstärkste Kraft im Markt

Im April 2010 wurde die Erfolgsgeschichte von Reemtsma mit einer neuen Marke weitergeschrieben: Gauloises. Die Vertriebsrechte für Deutschland gingen von der British American Tobacco auf Reemtsma über.

Es ist aber auch das Jahrzehnt der Regulierungen: Die Richtlinie 2014/40/EU beinhaltet strengere Auflagen bei Herstellung, Aufmachung und Verkauf von Tabakprodukten, z. B. durch kombinierte Bild-Text-Warnhinweise auf den Packungen. Aber auch die Akzeptanz in der Gesellschaft wird geringer, immer weniger Menschen entscheiden sich in Deutschland dafür, zu rauchen. Den veränderten Bedingungen begegnet Reemtsma mit Verantwortung und unterstützt die strenge Einhaltung gesetzlicher Vorgaben und neuer Regulierung, solange diese sich als wissenschaftlich fundiert und effektiv erweisen.

Reemtsma schlägt ein neues, tabakfreies Kapitel auf: Die E-Zigarette

Das Ham­bur­ger Tra­di­ti­ons­un­ter­neh­men Reemts­ma tritt im April 2018 in Deutsch­land in den dy­na­mi­schen Markt der E-Zi­ga­ret­ten ein. In­ner­halb der Un­ter­neh­mens­grup­pe Im­pe­ri­al Brands ist Reemts­ma be­reits seit 2009 mit der Mar­ke blu in den welt­weit größ­ten E-Zi­ga­ret­ten­märk­ten ak­tiv und ver­fügt da­mit über Ex­per­ti­se, die fast ge­nau­so alt ist wie die­se Ka­te­go­rie. blu ist be­reits er­folg­reich in den glo­bal größ­ten E-Zi­ga­ret­ten­märk­ten – USA, UK, Frank­reich, Ita­li­en – ak­tiv. myblu ist die erste E-Zigarette aus dem Traditionshaus auf den deutschen Markt. Damit reagiert Reemtsma auf den Wunsch der Konsumenten nach einer tabakfreien Variante und ermöglicht jedem Raucher die Wahl zwischen Produkten mit und ohne Tabak.

Seit Mai 2019 ist Reemtsma mit innovativen Kautabakerzeugnissen der Marke skruf in einer weiteren Kategorie vertreten und trägt somit dem zunehmenden Konsumentenbedürfnis nach mehr Wahlfreiheit Rechnung.