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25.02.2020

Rauch­ver­bot in der Öffent­lich­keit – immer mehr Kritik

Vor 13 Jahren führte Deutschland zum Schutz der Nichtraucher ein Rauchverbot in öffentlichen Restaurants ein, das heute selbst von Rauchern begrüßt wird. In Sachen Gesundheitsschutz hat Deutschland große Erfolge vorzuweisen und gehört in Europa heute zu den Top-4-Ländern mit den niedrigsten Raucherzahlen bei Jugendlichen – mit 6,6 Prozent liegt die Quote auf einem historischen Tiefstand.

Die Liste der Verschärfungen ist lang

Dennoch vergeht kein Jahr ohne schärfere Gesetze oder neue Verbotsdebatten. Werbeverbot, lückenlose Produktionsüberwachung, Sonderabgabe für vom Kunden nicht ordentlich entsorgte Kippen, Rauchverbot im Auto, auf Spielplätzen – die Liste der Verschärfungen ist lang. Manche davon sind durchaus sinnvoll, zum Beispiel ein Rauchverbot in Autos, in denen Kinder oder Schwangere mitfahren. Doch immer stärker dreht sich die Debatte in Deutschland um radikale Vorschläge, die einen massiven Eingriff in den Alltag erwachsener Raucher darstellen würden.

Kippe aus – sogar noch vor dem Kino?

Den letzten Anti-Tabak-Hype löste jüngst der Lungenarzt Matthias Kopp vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel aus. Die Initiative des Landtages für ein Rauchverbot auf Spielplätzen toppte er mit der Schlagzeilen-trächtigen Forderung nach einem totalen Rauchverbot in der Öffentlichkeit – also in Parks, auf öffentlichen Straßen und Plätzen, am Strand. Bundesweit stimmten Politiker in den Kanon mit ein. Zum Beispiel der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Bernd Heinemann von der SPD: Das Rauchen in der Öffentlichkeit solle „Schritt für Schritt […] weiter zurückgedrängt werden“[1].

„Man kommt ins Grübeln“

Doch es gibt auch Kritik. „Das Rauchen soll für Unbeteiligte brandgefährlich sein, das Trinken für Dritte weitgehend harmlos? Mit dieser Sicht täte sich der Rechtsstaat keinen Gefallen“, so der Chefkommentator der Welt am Sonntag, Torsten Krauel, zur Debatte um ein Kippen-Aus im Park & Co. Der Rechtsstaat müsse auf die Verhältnismäßigkeit von Anlass und Sanktion achten. Krauel: „Beim Rauchen weicht er davon immer schärfer ab. Man kommt ins Grübeln, wenn ab Mai Mentholzigaretten verboten werden, weil die Beimischung die Suchtgefahr überdecke, während Biere mit Fruchtbeimischung der neue heiße Sommerhit sind.“

Kritik an einem generellen Rauchverbot in der Öffentlichkeit kommt – überraschend – auch von SPD-Abgeordneten. Julian Barlen, Generalsekretär und gesundheitspolitischer Sprecher der SPD Mecklenburg-Vorpommern, erklärte jüngst: „Ein generelles Verbot von Rauchen an öffentlichen Orten halte ich für nicht geboten. Der Weg von Rücksichtnahme und klaren Regeln sollte fortgesetzt werden.“ Zudem plädiert Barlen für ein rauchfreies Umfeld für Kinder.[1] Und er widerspricht damit SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, der ein Rauchverbot „an so vielen öffentlichen Plätzen wie möglich“ fordert. Niedersachsens Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) fordert einen Mittelweg – Bushaltestellen ja, generell unter freiem Himmel nein – und verweist auf die Zuständigkeit des Bundes.[2]

Mehr Verantwortung statt mehr Verbote

Ganz praktische Einwände hat Klaus-Michael Glaser, Ordnungsreferent des Städte- und Gemeindetags Mecklenburg-Vorpommern: „Ein generelles Verbot wird aber nur ernst genommen, wenn es auch kontrolliert und geahndet wird.“ Doch dafür fehlten die Ressourcen.[3] Glaser schließt sich damit einer ganzen Reihe von Politikern verschiedenster Parteien an, die es bisher ablehnen, das Rauchen unter freiem Himmel zu verbieten.[4]

In Kalifornien müssen Raucher weite Wege gehen

In Kalifornien ist das strikte Rauchverbot in der Öffentlichkeit längst Realität. Manche Fußgängerzonen und auch die meisten Strände sind rauchfreie Zonen. Auch an öffentlichen Plätzen und Gebäuden, in den Parks und in der Nähe von Kinderspielplätzen und Schulen ist rauchen nicht erlaubt.

Für Mark Twain wäre das ein Grund gewesen, den Bundesstaat weiträumig zu meiden. Von dem berühmten, längst verstorbenen Abenteuerautor soll das Zitat stammen, dass er auf den Himmel verzichte, wenn er dort nicht rauchen dürfe.

Fazit:

Ein generelles Rauchverbot in der Öffentlichkeit erfordert nicht nur Ressourcen und Kontrolle, sondert stellt auch eine unverhältnismäßige und nicht zielführende Bevormundung erwachsener Konsumenten dar. Anstatt seine Bürger zu entmündigen, sollte der Staat Präventionsmaßnahmen fördern. Denn Aufklärung, gesunder Menschenverstand und gegenseitige Rücksichtnahme vor allem auf Kinder sind immer noch die besten Mittel, um Gesundheitsschutz und Entscheidungsfreiheit in Einklang zu bringen.

[1] https://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Sollte-Rauchen-ueberall-in-Mecklenburg-Vorpommern-verboten-werden

[2] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Politik-lehnt-generelles-Rauchverbot-im-Freien-ab,rauchverbot236.html

[3]https://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Sollte-Rauchen-ueberall-in-Mecklenburg-Vorpommern-verboten-werden

[4] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Politik-lehnt-generelles-Rauchverbot-im-Freien-ab,rauchverbot236.html

[1] https://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Schleswig-Holstein-SPD-und-Lungenaerzte-fordern-ein-totales-Rauchverbot